1. Home
  2. Die Daseinsberechtigung der Emotionen
03/2021
posted in:

Die Daseinsberechtigung der Emotionen

Emo­tio­nen kon­trol­lieren unser Leben. Ob man es will oder nicht, jede Emo­tion lenkt unsere Entschei­dun­gen, unser Gemüt und sog­ar unsere Gesund­heit. Wir wer­den von ihnen tagtäglich begleit­et. Unsere Emo­tio­nen brin­gen uns zum Lachen, zum Freuen, zum Weinen, zum Schreien. Sie ermöglichen uns aber auch das Unmögliche möglich zu machen, dienen unserem Schutz und führen und begleit­en uns auf unserem per­sön­lichen und richti­gen Weg.

Es wer­den immer wieder Diskus­sio­nen darüber geführt, was zu den Grun­de­mo­tio­nen (oder Ober­grup­pen) gehört. Wir eini­gen uns hier auf sieben, basierend auf Paul Ekman: hap­pi­ness, sad­ness, fear, anger, dis­gust, sur­prise, con­tempt (Freude, Trauer, Angst, Wut, Ekel, Über­raschung, Missgunst).

Die Emo­tio­nen wer­den im Kopf ges­teuert und set­zen die dazuge­höri­gen Neu­ro­trans­mit­ter und Hor­mone frei. Diese wiederum bee­in­flussen unseren ganzen Kör­p­er und unser Han­deln. Emo­tio­nen haben also nicht nur einen kog­ni­tiv­en Ein­fluss, son­dern set­zen auch die moti­va­tionalen, kör­per­lichen und neu­ro­phys­i­ol­o­gis­chen Reak­tio­nen in Gang.

Das heisst, dass das Entste­hen ein­er Emo­tion nur der Anfang ein­er län­geren Kette von Ereignis­sen ist.

 

  1. Man analysiert und inter­pretiert eine Sit­u­a­tion, abhängig von der eige­nen Erfahrung und verbindet damit eine Emotion
  2. Diese Emo­tion (Freude, Trauer, Angst, Ekel, Wut, Über­raschung, Miss­gun­st) wird gespürt
  3. Und über­mit­telt dem Kör­p­er, wie bzw. der Gesichtsmusku­latur die Infor­ma­tion, um instink­tiv zu reagieren. Hier entste­hen unter anderem die Mikro-Expressionen
  4. Als let­ztes kommt dann die über­legte Reak­tion hinzu, also unser, für andere sicht­bares, Handeln.

 

Doch wozu braucht man Emotionen?

 

Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Sie ermöglichen eine Lenkung und Schutz des Selb­st. Sog­ar die neg­a­tiv­en Emo­tio­nen, die man eigentlich nicht gerne spürt, dienen ursprünglich dem Selb­stschutz. Nehmen wir als Beispiel die Angst. Die Angst ist eine der wichtig­sten Emo­tio­nen, die am inten­sivsten das eigene Han­deln steuert. Angst vor dem Allein­sein, vor Ver­let­zung, Angst Frei­heit­en zu ver­lieren, vor Kon­trolle, vor dem Abgrund, vor Höhe, vor Spin­nen, etc.

All diese Äng­ste haben ihren Ursprung und ihren Grund — sie schützen die Per­son, die sie empfind­et (der Ursprung ist oft kom­plex­er als der Grund allein). Es ist also wichtig, sich mit der eige­nen Angst auseinan­derzuset­zen, um diese zu verstehen.

Hier­bei dienen ein paar Fra­gen dem besseren Verständnis:

Warum spürt man die Angst?

Welche kör­per­lichen und seel­is­chen Begleit­er­schei­n­un­gen gehen mit ihr einher?

Was löst diese Angst in einem aus?

 

Das Ver­ste­hen der Emo­tion hil­ft einem nicht nur dabei, sich selb­st bess­er ken­nen­zuler­nen (Intrakom­mu­nika­tion), son­dern ermöglicht auch eine klare Kom­mu­nika­tion nach Aussen (Interkom­mu­nika­tion). In jed­er Sit­u­a­tion kommt somit eine Emo­tion in uns auf, die nicht nur für uns wichtig ist, son­dern auch für unser Umfeld, denn diesem kom­mu­nizieren wir unsere Emo­tio­nen, non-ver­bal wie auch verbal.

Umso klar­er wir uns selb­st also bezüglich unser­er eige­nen Emo­tio­nen sind und diese genau ver­ste­hen kön­nen, desto bess­er kön­nen wir uns von diesen bewusst leit­en lassen und mit unserem Umfeld agieren. Jede Emo­tion muss also kat­e­gorisiert und zuge­ord­net wer­den, um unser zukün­ftiges Han­deln zu ver­ste­hen und zu steuern.

 

„Klare und ehrliche Kom­mu­nika­tion schafft Trans­parenz, Trans­parenz schafft Ver­trauen, Ver­trauen schafft wieder Offen­heit und Ehrlichkeit, was wiederum den Grund­stein für lan­gan­hal­tende Beziehun­gen legt. Und so schliesst sich der Kreis.“

 

Die Kon­trolle über die eige­nen Emo­tio­nen erlangen

 

Das Steuern der eige­nen Emo­tio­nen ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Wir kön­nen zwar sel­ten ver­hin­dern, dass unsere Emo­tio­nen nach Aussen präsen­tiert und kom­mu­niziert wer­den, aber wir haben einen Ein­fluss darauf, wie wir mit ihnen umge­hen. Beziehen wir uns noch ein­mal auf unser vorheriges Beispiel mit der Angst. Dies bedeutet also, dass wir die emp­fun­dene Angst analysieren und somit her­aus­find­en kön­nen, ob diese aus einem Selb­stschutz her­aus ent­standen ist (zum Beispiel, wenn man auf ein­er sehr befahreneren Strasse ste­hen bleibt) oder ob die Angst einen lediglich grund­los hin­dert (z.B. die Angst in ein­er Liebes­beziehung ver­let­zt zu wer­den, die einen somit hin­dert sich auf eine geliebte Per­son voll und ganz einzulassen).

Je nach­dem, wie wir die Sit­u­a­tion analysieren, wirkt sich dies auf unser Ver­hal­ten aus. Das bedeutet, dass wir Ein­fluss darauf haben, wie wir auf bes­timmte Emo­tio­nen reagieren, sobald uns ihr Ursprung klar­er ist. Men­schen, die sich in den Augen ander­er falsch ver­hal­ten, ver­hal­ten sich nicht zwin­gend objek­tiv falsch, son­dern immer auf Basis ver­gan­gener Erleb­nisse und der darauf basieren­den Analyse ihrer eige­nen Emo­tio­nen. Dies spielt in der ver­balen und para-ver­balen Kom­mu­nika­tion eben­falls eine grosse Rolle. Welche Worte man benutzt und wie man diese betont und artikuliert, ermöglicht nicht nur einen Ein­blick in das eigene kul­turelle Umfeld und wie man erzo­gen wurde, son­dern spiegelt auch den eige­nen emo­tionalen Zus­tand wieder.

 

Mikro-Expres­sio­nen

 

Unter Mikro-Expres­sio­nen ver­ste­ht man reflexar­tige, unkon­trol­lier­bare, für den Bruchteil ein­er Sekunde anhal­tende Kon­trak­tio­nen der Gesichtsmusku­latur, die ein Gefühl, über die Mimik, als Aus­druck nach Aussen kom­mu­nizieren. Es gibt viele ver­schiedene Mikro-Expres­sio­nen, jedoch wer­den grundle­gend sieben Basise­mo­tio­nen (nach Paul Ekman) definiert: Freude, Trauer, Angst, Wut, Über­raschung Miss­gun­st und Ekel. Diese sind uni­versell erkennbar und ermöglichen einen Ein­blick in den intu­itiv­en emo­tionalen Zus­tand ein­er Per­son. (Hier sind den­noch kul­turelle Unter­schiede zu beacht­en. In Asien wird das Lächeln zum Beispiel, kul­turell anders genutzt) Sie entste­hen durch eine erlebte Emo­tion im Gehirn und wer­den über Infor­ma­tio­nen “unge­filtert” an die Gesichtsmusku­latur weit­ergegeben und somit für Andere sicht­bar (im Falle der Mikro-Expres­sion, sind diese häu­fig kaum erkennbar, da sie sehr schnell ablaufen und Men­schen dazu neigen sie zu unter­drück­en oder ver­tuschen zu wollen. Zum Beispiel beruht dieses innere Bauchge­fühl, das jedem bekan­nt ist, wenn man das erste Mal mit jeman­dem inter­agiert, wahrschein­lich auf der unter­be­wussten Wahrnehmung ein­er Mikro-Expres­sion. Non-ver­bal sind diese sehr nüt­zlich zum Analysieren von Infor­ma­tio­nen, die in der Kom­mu­nika­tion mit anderen weit­ergegeben werden.

Diese Infor­ma­tion­süber­tra­gung funk­tion­iert, aber auch umgekehrt. Viel zu lachen, hier­bei meinen wir das echte Lachen, welch­es vom Herzen kommt, set­zt ein emo­tionales Muskelfeed­back in Gang, welch­es, mit Hil­fe von Neu­ro­trans­mit­tern, die wiederum die spez­i­fis­chen Gehirn­zo­nen stim­ulieren, schlussendlich das Gefühl von Freude her­vor­bringt und ver­stärkt. Das hat dementsprechend auch einen direk­ten, wenn auch nur einen kleinen, Ein­fluss auf das Gemüt.

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Per­son, die beispiel­sweise ständig die Augen­brauen zusam­men zieht (ein Indika­tor für Wut) ten­den­ziell anges­pan­nter und dadurch auch schneller erreg­bar und gestresst ist.

In der pos­i­tiv­en Psy­cholo­gie wer­den basierend darauf Lachübun­gen verord­net. Diese sollen Glücks­ge­fühl und Wohlbefind­en stim­ulieren. So überträgt sich zum Beispiel ein Lächeln, wenn man tele­foniert, auf die Stimme und wirkt sich somit auch pos­i­tiv auf die Per­son aus, die sich am anderen Ende der Leitung befind­et. Das Gespräch wird somit pos­i­tiv bee­in­flusst. Hier wird der äussere Ein­fluss der emp­fun­de­nen Emo­tio­nen deutlich.

 

Durch das Ver­ständ­nis der eige­nen Emo­tio­nen glück­lich­er werden

 

Das Ver­ständ­nis und die Auseinan­der­set­zung mit den eige­nen Emo­tio­nen ist somit eine grundle­gende Notwendigkeit für jeden Men­schen. Die eige­nen Emo­tio­nen zu erken­nen, schafft die notwendi­ge Inter­pre­ta­tion­s­grund­lage um diese ein­fach­er in den All­t­ag inte­gri­eren und nach Aussen kom­mu­nizieren zu kön­nen. Man befind­et sich dadurch in einem beruhigten Gemüt­szu­s­tand, was nicht nur ein pos­i­tives physis­ches Erleben als Kon­se­quenz hat, son­dern sich auch pos­i­tiv auf den Umgang mit Mit­men­schen auswirkt. All dies wirkt sich langfristig pos­i­tiv auf das eigene Leben aus.

 

Emo­tio­nen sagen fol­glich nichts darüber aus, ob man stark oder schwach ist, son­dern sie helfen uns dabei, unserem eige­nen indi­vidu­ellem Weg zu einem glück­licheren Leben zu find­en. Es ist somit wichtig, genau zu ver­ste­hen, was man fühlt, warum man diese Emo­tion empfind­et, wem gegenüber und dies genau in die jew­eilige Lebenssi­t­u­a­tion einzuord­nen, um im Umgang mit anderen aber auch sich selb­st gegenüber entspan­nt und aus­geglichen zu agieren.

 

P.S.: Hierüber wurde ein sehr anschaulich­er Fam­i­lien­film gemacht, den ich jedem empfehlen kann: Alles ste­ht Kopf (OV: Inside out)

like & share 0 Likes