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Motive, Ressourcen und das psychische Wohlbefinden im Zusammenhang mit der Partizipation am organisierten online Gruppensport

Das weltweite Exper­i­ment des pan­demiebe­d­ingten Lock­downs durch Coro­na, stellte die Sport- und Fit­ness­branche vor große Her­aus­forderun­gen. Organ­isierte online Grup­pen­sport Kurse waren das Resul­tat der vorüberge­hen­den Schließun­gen aller Fitnesseinrichtungen.

Viele Sportin­sti­tu­tio­nen haben von April bis Juni 2021 an ein­er empirischen online Befra­gung zum organ­isierten online Grup­pen­sport mit­gewirkt. Dies geschah im Zuge ein­er Studie von Sonya Anders (Psy­cholo­gin, Tänz­erin, Trainer­in im Group Fit­ness Dance Bere­ich und Mut­ter eines 1‑jährigen Sohnes). Unter­sucht wur­den die Auswirkun­gen von organ­isiertem online Grup­pen­sport während des pan­demiebe­d­ingten Lock­downs auf das psy­chis­che Wohlbefind­en. Ziel war es zu beant­worten, welche sport­be­zo­ge­nen Motivla­gen am ehesten von ein­er Teil­nahme am online Grup­pen­sport prof­i­tieren. Die Umfrage richtete sich an Mit­glieder ver­schieden­er Sportein­rich­tun­gen, die während des Lock­downs am organ­isierten online Grup­pen­sport teilgenom­men haben.

Es haben sich im All­ge­meinen drei Haupt­mo­tivla­gen für sportliche Betä­ti­gung her­auskristallisiert: Phys­i­ol­o­gis­che Motive (Fit­ness, Gesund­heit, Fig­ur, Ausse­hen), men­tale Motive (Aktivierung, Freude, Ablenkung, Kathar­sis) und soziale Motive (Kon­takt, Leis­tungsver­gle­ich, Wet­tbe­werb). Die Ergeb­nisse zeigen, dass pos­i­tive Effek­te der online Par­tizipa­tion vor allem im Zusam­men­hang mit phys­i­ol­o­gis­chen und men­tal­en Sport­mo­tiv­en auftreten. Phys­i­ol­o­gis­che Motive führen zu ein­er sig­nifikan­ten Verbesserung der aktuellen Gefühlslage durch die Teil­nahme. Die aktuelle Gefühlslage stellt allerd­ings nur einen Teil­bere­ich des kom­plex­en Kon­struk­ts „Psy­chis­ches Wohlbefind­en“ dar. Men­tale Motive bewirken eine häu­figere Teil­nahme, ohne die aktuelle Gefühlslage nach­haltig zu bee­in­flussen. D.h. in diesem Falle hält die Verbesserung der Stim­mungslage lediglich für die Zeit der Aus­führung an. Bei sozialen Motiv­en erzielt das online For­mat keine sig­nifikan­ten Effek­te. Keine der drei Motivla­gen hat außer­dem eine sig­nifikante Auswirkung auf das gesamte psy­chis­che Wohlbefind­en, was darauf hin­weist, dass die Effek­te von online Grup­pen­sport lediglich kurzfristiger und nicht nach­haltiger Natur sind. Denn die aktuelle Gefühlslage stellt den akuten Teil des anson­sten habituellen Wohlbefind­ens dar.

Aus den Resul­tat­en der Unter­suchung lässt sich also schlussfol­gern, dass vor allem bei Sport­treiben­den, die etwas für deren Gesund­heit, Fit­ness, Fig­ur oder Ausse­hen tun möcht­en (= phys­i­ol­o­gisch Motivierte), sowie bei Par­tizip­ieren­den, welche Aktivierung, Ablenkung, Kathar­sis oder Freude anstreben (= men­tal Motivierte), eine online Par­tizipa­tion empfehlenswert ist. Ins­beson­dere wenn eine Social-Dis­tanc­ing-Vor­gabe wie bei einem Lock­down existiert. Soziale Effek­te des online Grup­pen­sports soll­ten trotz ihrer Unter­legen­heit nicht gän­zlich abgeschrieben wer­den, denn sie sind laut dem Antwort­muster der Befragten zweifel­sohne als annehm­bare Über­gangslö­sung während eines pan­demiebe­d­ingten Lock­downs zu betra­cht­en. Sie lassen allerd­ings keinen Ver­gle­ich mit den Effek­ten des realen Sports mit echt­en Inter­ak­tion­sritu­alket­ten zu.

 

Motive am Sport phys­i­ol­o­gisch

(Fit­ness, Gesund­heit, Fig­ur, Aussehen)

men­tal

(Aktivierung, Freude, Ablenkung, Katharsis)

sozial

(Kon­takt, Leis­tungsver­gle­ich, Wettkampf)

 

 

Effekt

 

pos­i­tive Auswirkung auf die aktuelle Gefühlslage (Stim­mung steigt)

 

häu­figere Teil­nahme, aber pos­i­tiv­er Effekt hält nicht über den Aus­führungszeitraum hin­aus an

 

keine sig­nifikan­ten pos­i­tiv­en oder neg­a­tiv­en Effek­te, annehm­bare Über­gangslö­sung während des Lockdowns

Weit­er­hin hat­te der Aus­prä­gungs­grad vorhan­den­er zusät­zlich­er Ressourcen neb­st dem Sport eine pos­i­tive Auswirkung auf den Effekt von online Gruppensport.

Vor dem Hin­ter­grund ein­er wach­senden Dig­i­tal­isierung wird das The­ma des online Sportes auch kün­ftig an Bedeu­tung gewin­nen. Erken­nt­nisse darüber, ob der online Grup­pen­sport sich pos­i­tiv auf das seel­is­che Wohlbefind­en auswirkt – vor allem bei welchen Per­so­n­en mit welchen Motiv­en –, spie­len eine auss­chlaggebende Rolle bei der Entschei­dung über die Fort­führung, Anpas­sung und Opti­mierung der online Ange­bote. 57% der Proban­den gaben an, auch nach dem Lock­down weit­er­hin das online Ange­bot an Grup­pen­sport nutzen zu wollen. Neb­st obi­gen drei Motiv­en gaben die Teil­nehmer weit­ere Gründe für die online Teil­nahme an, etwa logis­tis­che, zeitliche, beru­fliche, loy­al­itäts­be­zo­gene Motive, generelle Präferen­zen für live Sport und das online For­mat als annehm­bare Übergangslösung.

Die Fit­ness­branche ste­ht am Anfang ein­er Vir­tu­al­isierung der Sportwelt, befeuert durch das weltweite Exper­i­ment des pan­demiebe­d­ingten Lock­downs. Langfristig sind Erken­nt­nisse über die Mech­a­nis­men, Motive und Auswirkun­gen von online Grup­pen­sport unab­d­ing­bar, um den pos­i­tiv­en Effekt virtueller sportlich­er Par­tizipa­tion abzu­sich­ern. Auch für psy­chol­o­gis­che Inter­ven­tio­nen im Bere­ich der öffentlichen Gesund­heit spie­len solche Erken­nt­nisse eine wesentliche Rolle. Psy­chol­o­gis­che Empfehlun­gen ein­er online Par­tizipa­tion soll­ten sich expliz­it an Grup­pen mit entsprechen­den Motivpro­filen richt­en, bei denen am ehesten pos­i­tive Auswirkun­gen durch das online For­mat zu erwarten sind. Per­so­n­en mit sozialen Motiv­en, sind gegebe­nen­falls anfäl­liger für die Kon­se­quen­zen von Social-Dis­tanc­ing und Selb­sti­so­la­tion. Sie dif­feren­zieren sich gegenüber den anderen Motiv­grup­pen. Um ihr Wohlbefind­en nach­haltig zu verbessern bedarf es weit­er­er sozial­isieren­der Maß­nah­men, die über online Grup­pen­sport hinausgehen.

Danksa­gung von Sonya Anders:

„Vie­len Dank an alle teil­nehmenden Sport­treiben­den und Ein­rich­tun­gen, für das Mitwirken an der empirischen Untersuchung.

Sonya Anders
Psy­cholo­gin, M.Sc. Ange­wandte Psychologie

 

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